Tantra ist kein Swingerclub – Warum achtsame Sexualität mehr ist als ein erotisches Abenteuer

Ein Missverständnis, das sich hartnäckig hält: „Ah, Tantra? Das ist doch sowas wie Gruppensex mit Räucherstäbchen, oder?“

So oder ähnlich höre ich es immer wieder. Und ganz ehrlich – ich kann es niemandem übelnehmen, der das denkt. Die mediale Darstellung von Tantra ist oft so klischeebeladen wie oberflächlich: Nackte Menschen in sinnlich beleuchteten Räumen, ekstatische Bewegungen, verführerische Blicke. Aber Tantra ist kein Swingerclub. Und Swingerclubs sind kein Tantra. Beide Räume haben ihre Berechtigung – doch ihre Absicht, ihre Qualität und ihre Wirkung könnten unterschiedlicher kaum sein.

Tantra: ein Weg nach innen

Tantra bedeutet wörtlich übersetzt „Gewebe“ oder „Kontinuum“. Es ist eine uralte spirituelle Philosophie, die in Indien entstanden ist und die das Leben in seiner Gesamtheit umarmt – Körper, Geist, Energie, Lust, Schmerz, Ekstase, Tod, Leben.

Anders als viele spirituelle Traditionen, die die Sexualität als Störfaktor oder gar als Sünde betrachten, sieht der tantrische Weg die sexuelle Energie als Ausdruck des Göttlichen. Nicht nur erlaubt, sondern heilig. Doch heilig heißt nicht beliebig. Tantra ist ein Weg der Bewusstheit. Es lädt dich ein, mit allem da zu sein, was ist – mit deinem Begehren genauso wie mit deiner Angst, mit deiner Sehnsucht ebenso wie mit deiner Scham.

Tantra ist kein Konsumangebot

Im Swingerclub kannst du dich ausprobieren. Das ist schön – solange es respektvoll geschieht. Du kannst Lust teilen, dich hingeben, Fantasien ausleben.

Tantra hingegen fragt dich:

  • Was suchst du wirklich in der Berührung?
  • Was zeigt sich in dir, wenn du langsam wirst?
  • Was passiert, wenn du mit offener Seele begegnest – statt mit einem aufgeladenen Bild?

Im tantrischen Raum wird nichts bewertet – aber auch nichts betäubt. Du wirst eingeladen, deine Muster zu erkennen, deine Schutzmechanismen liebevoll zu entlarven, dich tiefer auf dich selbst einzulassen. Und genau das macht Tantra oft so herausfordernd. Es ist nicht immer angenehm. Aber es ist echt.

Der Unterschied liegt in der Intention

Es ist nicht die Nacktheit, die Tantra von einem Swingerclub unterscheidet.Nicht die Erotik. Nicht einmal die Ekstase.

Der Unterschied liegt in der inneren Haltung.

Im Swingerclub steht die Lust im Vordergrund – oft in Form von Neugier, Nervenkitzel oder Abwechslung. Im Tantra steht die Verbindung im Mittelpunkt – mit dir selbst, mit deinem Atem, mit deiner Lebendigkeit und im besten Fall mit einem Gegenüber, das dasselbe sucht.

Die Praxis: tantrische Sexualität vs. erotisches Spiel

Tantrische Sexualität bedeutet:

• Langsamkeit: Nicht höher, schneller, weiter – sondern tiefer.

• Bewusste Atmung: Atem als Brücke zwischen Körper und Seele.

• Achtsame Berührung: Jeder Kontakt wird zur Meditation.

• Herzöffnung: Emotionen dürfen da sein – sogar Tränen beim Sex.

• Non-Dualität: Lust ist nicht getrennt von Spiritualität.

Erotik im Swingerclub bedeutet (im Allgemeinen):

• Spontane Lust: Begegnungen oft ohne vorherige emotionale Verbindung.

• Vielfalt & Freiheit: Verschiedene Partner, wechselnde Dynamiken.

• Rollenspiel & Fantasie: Spiel mit Masken, Reizen und Tabus.

• Abgrenzung möglich: Emotionale Tiefe ist nicht zwingend gewünscht.

Beides kann erfüllend sein. Aber: Tantra will dich verwandeln. Es will dich aufwecken – nicht ablenken.

Tantra ist kein Ort für schnelle Bedürfnisse

In der tantrischen Sexualität geht es nicht darum, „es zu tun“, sondern darum, präsent zu sein mit dem, was ist. Das kann ekstatisch sein – aber auch herausfordernd, zart, langsam, manchmal fast schmerzhaft ehrlich.

Du wirst eingeladen, dein Herz nackt zu machen – nicht nur deinen Körper.

In einem tantrischen Ritual kann es sein, dass du deinem Gegenüber in die Augen schaust – zehn Minuten lang. Ohne ein Wort. Und in diesen Blicken liegt mehr Intimität als in mancher Nacht voller Berührungen.

Warum diese Klarheit wichtig ist

Viele Menschen suchen heute mehr als schnelle Lust. Sie spüren, dass Sexualität sie berühren sollte – nicht nur auf der Haut, sondern tief im Innersten. Wenn Tantra mit Swingerclubs verwechselt wird, landen sie vielleicht im falschen Raum – und sind enttäuscht oder sogar verletzt. Und umgekehrt: Wer eine offene erotische Begegnung sucht, wird sich im tantrischen Setting schnell überfordert fühlen, wenn plötzlich Tränen fließen oder alte Wunden aufbrechen.

Deshalb braucht es Klarheit. Kein besser, kein schlechter – nur ehrlich.

Die Magie des tantrischen Wegs

Wenn du bereit bist, dich auf Tantra einzulassen, dann wirst du nicht nur deinem Lustkörper begegnen – sondern deinem ganzen Wesen. Tantra öffnet Räume, in denen du dich selbst neu entdeckst. Räume, in denen du dich erinnern darfst, wie tief Berührung gehen kann. Räume, in denen du dich mit dem Leben verbindest – in jeder Zelle. Tantra ist eine Einladung, deine Sexualität zu entmystifizieren – und gleichzeitig zu verheiligen. Nicht durch Dogmen, sondern durch Bewusstheit.

Tiefe statt Klischee

Tantra ist kein Swingerclub. Es ist ein Weg in dein Innerstes. Ein Ja zum Leben. Ein Aufbrechen der alten Geschichten in dir – durch Atem, durch Präsenz, durch Liebe. Wenn du Tantra suchst, dann such nicht das Abenteuer – sondern die Erfahrung. Such nicht die Vielfalt – sondern die Verbindung.

Und vor allem: Such nicht im Außen – sondern in dir selbst.  

Fotos © alipkopixs:sellHugo


Paar begrüßt mit Namaste

Willst du es selbst erfahren?

Es ist schön, über Tantra zu lesen. Es kann inspirieren, klären, aufrütteln. Doch Tantra will nicht nur verstanden werden – es will gelebt werden.

Worte können berühren – aber nichts ersetzt das Erleben. Das tiefe Einatmen. Das bewusste Spüren. Die stille Ekstase hinter dem Sichtbaren.

Wenn du spürst, dass da etwas in dir ruft – eine Sehnsucht nach echter Begegnung, nach Verbindung, nach deiner eigenen sinnlichen Tiefe – dann laden wir dich von Herzen ein zu unserem Einführungsseminar „Erste Schritte im Tantra“

Ein Wochenende voller Achtsamkeit, Berührung, Präsenz – für alle, die Tantra nicht nur verstehen, sondern verkörpernmöchten. Ob allein oder als Paar – du bist willkommen, so wie du bist.


Du sein statt da sein

Eine tantrische Einladung, zu dir selbst und zu deiner Sexualität nach Hause zu kommen

Es gab Zeiten, da funktionierte ich wie eine perfekt geölte Maschine. Ich stand auf, kochte Kaffee, erledigte, was zu tun war, sprach mit Menschen, lachte sogar gelegentlich, wenn es sein musste. Und doch spürte ich es: Etwas fehlte. Ich bin da, aber nicht wirklich da. Ein Teil von mir blieb stumm. Ein Teil von mir blieb zurück – irgendwo zwischen den Terminen, den Erwartungen und der inneren Abwesenheit. Vielleicht kennst du das auch von dir?

In unserer Gesellschaft geht es so oft um Präsenz, aber selten darum, wirklich in sich selbst präsent zu sein. Der tantrische Weg lädt dich ein, tiefer zu sinken. Nicht nur präsent zu sein, sondern wirklich du selbst zu sein. Nicht nur zu existieren, sondern vollständig zu leben – zu fühlen, zu atmen, zu lieben, mit jeder Faser deines Körpers, mit jedem Atemzug deiner Seele. Mit allem, was in diesem Moment da ist, mit allem, was du mitbringst. Einfach alles.

Du selbst zu sein bedeutet nicht, dass du dich einem idealisierten Bild davon anpassen musst, wer du sein solltest. Es bedeutet, dass du es wagst, in deinem Inneren, in deinem Körper, in deiner Wahrheit zu leben. Es ist eine subtile, aber radikale Entscheidung: nicht auf der Grundlage dessen zu leben, was die Welt von dir erwartet, sondern auf der Grundlage dessen, wer du im Wesentlichen bist. Wenn du wirklich du selbst bist, musst du nichts beweisen. Dann entsteht Nähe ganz natürlich – zu dir selbst, zu anderen, zum Leben.

Das ist jedoch nicht immer einfach. Denn wir haben uns daran gewöhnt, uns anzupassen, anstatt zu fühlen, anstatt wir selbst zu sein. Wir haben gelernt, dass Sicherheit in der Kontrolle liegt, dass Liebe verdient werden muss, dass Anerkennung auf Leistungen folgt. Alles sehr wertvolle Prinzipien. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Wir strengen uns an. Wir opfern Dinge. Und irgendwo unter all diesen Schichten, unter all diesem „Tun“ flüstert das Leben: Komm zurück. Komm zurück zu deiner Sanftheit, deinem Atem, deinem Verlangen. Komm nach Hause zu deinem Herzen, deinem Körper, deiner Seele.

Tantra zeigt uns den Weg zurück. Nicht als etwas Erhabenes oder Ätherisches, sondern als etwas Konkretes und Irdisches. Nicht als große mystische Reise – sondern als die einfache Kunst, die eigene Präsenz wieder zu spüren. Nicht morgen, nicht auf einem Retreat, sondern hier, jetzt, im Rhythmus deines Tages.

Vielleicht beginnt es damit, wie du aufwachst. Nicht mit deinem Handy, sondern mit einer Hand auf deinem Bauch. Vielleicht in der Art, wie du deine Haut beim Duschen berührst – nicht hastig, sondern liebevoll. Vielleicht im Kontakt mit einer anderen Person – nicht mit dem Kopf bei der nächsten Antwort, sondern mit dem Herzen im Moment.

Auf diese Weise wird dein tägliches Leben zu einem Ritual. Und deine Präsenz zu einer stillen Einladung an das Leben, dich tiefer zu berühren.

Und wenn du auf diese Weise in deinem täglichen Leben präsent bist, verändert sich auch deine Sexualität. Sie wird weicher, tiefer, echter – nicht länger eine Performance oder ein Bedürfnis, etwas zu erreichen, sondern ein lebendiges Wechselspiel aus Hingabe und Verbindung. Intimität wird dann nicht zu einem zweckgerichteten Spiel, sondern zu einem Tanz zwischen zwei Seelen, die sich nicht verlieren, sondern bei sich zu Hause bleiben, während sie sich begegnen.

Bei der klassischen Sexualität berühren sich zwei Körper. Bei der tantrischen Sexualität berühren sich zwei Bereiche der Existenz – Atem, Energie, Präsenz.

Du liebst aus einem Zustand der Ganzheit heraus. Aus einer inneren Stille, die nichts sucht, sondern alles empfängt. Du bleibst mit dir selbst verbunden, auch wenn du den anderen berührst. Und das macht den Unterschied. Denn wenn du deinen eigenen Körper, deinen eigenen Atem, deine eigenen Wünsche wirklich spürst, ist der Grundstein für eine echte Begegnung gelegt.

Nur wer sich selbst wirklich spürt, kann auch den anderen wahrhaftig empfinden. Solange wir nicht in unserem eigenen Körper wohnen, bleiben Begegnungen leer – körperlich wie seelisch. – Daniel Odier

In der Sexualität zu sein bedeutet, dass du nichts sein, nichts erreichen oder nichts beweisen musst. Du kannst in deinem Bauch, in deinem Herzen, in deinem Becken präsent bleiben – selbst wenn die andere Person näher kommt. Besonders dann.

Denn nur wenn du in deinem eigenen Körper zu Hause bist, kannst du wirklich empfangen. Wirklich geben. Wirklich verschmelzen – ohne dich selbst zu verlieren.

Das ist das Geheimnis tantrischer Sexualität: Nicht mehr tun, sondern mehr sein. Nicht härter fühlen, sondern tiefer sinken. Nicht nach Ekstase suchen, sondern in jeder Berührung, jeder Schwingung, jedem flüsternden Verlangen, das in deinem Körper entsteht, präsent bleiben.

Und wenn zwei Menschen in dieser Du-sein-Liebe einander begegnen, geschieht Magie. Kein spektakulärer Höhepunkt, sondern eine Welle der verbundenen Präsenz, in der die Grenze zwischen Geben und Empfangen verschwimmt.

Tantrische Liebe ist eine Form der Meditation. Ein Raum, in dem du und dein Partner ganz ihr selbst sein könnt – atmend, fühlend, offen. Nicht um etwas zu erreichen, sondern um gemeinsam im Moment zu verschwinden, in der Berührung, im Fluss der Vitalität, die durch eure Körper tanzt.

Du musst nicht weit reisen, um dich selbst zu finden. Du musst dich nicht verbessern. Du kannst nach Hause kommen zu dem, was bereits da ist: deinem Atem, deinem Körper, deiner Vitalität.

Vielleicht wirst du bemerken, dass, wenn du wieder ganz bei dir bist, die Müdigkeit dem Frieden weicht. Dass deine Stimme klarer wird, weil sie aus deinem Zentrum kommt. Dass deine Liebe vollkommener fließt, weil sie nichts mehr beweisen muss, sondern einfach nur da sein muss.

Du musst nicht perfekt sein. Du musst nur du selbst sein. Das ist genug. Das ist alles.

Du sein statt da sein

Foto ©  deagreez stock.adobe.com


Nächste Veranstaltungen

Berührung als Sprache – Eine tantrische Einladung zum Fühlen

Berührung, Kontakt, Körperlichkeit – eine neue Welt durch Tantra

Als ich meine ersten Schritte im Tantra machte, öffnete sich eine neue Dimension des Fühlens für mich. Ich erkannte, wie begrenzt meine Sprache der Berührung war, wie selten ich sie wirklich nutzte und wie wenig ich mit meinem Körper verbunden war. Es überraschte mich, wie viele Botschaften verloren gingen, weil ich Berührung nur als beiläufige Geste verstand. Tantra lud mich ein, neu zu lernen: berühren und berührt werden. Eine Sprache zu entwickeln, die ohne Worte spricht. Was ich dabei entdeckte, war eines der größten Geschenke meines tantrischen Weges: Berührung nicht als Handlung zu sehen, sondern als Kommunikation. Als stilles Gespräch zwischen zwei Körpern, zwei Herzen, zwei Atemzügen.

Nicht die Geste zählt, sondern das, was sie tief im Inneren auslöst.

Als Kommunikationsberater war mir der Satz „Bei der Kommunikation geht es nicht darum, Informationen zu verbreiten, sondern darum, Menschen zu bewegen“ seit Langem ein Leitmotiv. Doch erst durch Tantra verstand ich: Das gilt nicht nur für Worte – es gilt noch viel mehr für Berührung.

Berührung im tantrischen Sinne: Ein Feld lebendiger Energie

Im Tantra ist Berührung mehr als ein körperliches Geschehen. Sie ist ein Energiefluss, eine Einladung, in das Dazwischen einzutauchen – in diesen magischen Raum, der entsteht, wenn zwei Menschen sich achtsam begegnen.

Berührung beginnt nicht erst, wenn deine Hand die Haut des anderen erreicht. Sie beginnt vorher: Im Moment, in dem dein Atem sich verlangsamt. In dem ein Impuls in dir aufsteigt – ein Wunsch, ein Gefühl, ein Flüstern deines Herzens. Im Raum zwischen Intention und Handlung.

Wenn du dich wirklich einlässt, wird Berührung zu einem Tanz von Energie und Bewusstsein. Du kannst fühlen, wie dein Körper spricht – nicht mit Worten, sondern mit Schwingungen. Und der Körper des anderen hört. Nicht über die Ohren, sondern über die Haut, die Nerven, das Herz.

“Durch die Berührung mit der Liebe wird jeder ein Dichter.” — Platon

Die Intention: Was fließt von dir zum anderen?

Jede Berührung trägt eine Botschaft. Sie ist nicht neutral – sie überträgt das, was in dir lebt. In der tantrischen Praxis ist es essentiell, sich dieser inneren Quelle bewusst zu sein. Denn deine Berührung kann wärmen, wecken, beruhigen oder aufrütteln – je nachdem, wie du fühlst und wie du gibst. Welche Intention bringst du in deine Berührung?

Liebe und Verbundenheit: Eine Hand, die nicht will, nicht fordert, einfach da ist. Weich, warm, atmend. Du sagst nicht: „Ich liebe dich.“ Deine Berührung ist die Liebe.

Lust und Begehren: Ein Hauch von Spannung in deinen Fingern, ein spielerisches Zögern. Dein Körper fragt: „Darf ich mehr? Darf ich dich wecken?“ Lustvolle Berührungen im Tantra sind nicht zielgerichtet. Sie genießen das Spiel des Kontakts – das Prickeln zwischen Annäherung und Rückzug.

Neugier und Entdeckung: Deine Finger wandern forschend über den Körper des anderen. Du lauschst mit deiner Haut, erkundest wie ein Kind, das etwas zum ersten Mal berührt. Jeder Zentimeter ist ein unbekanntes Land.

Trost und Halt: Eine Berührung, die trägt. Fest, geerdet, präsent. Sie sagt: „Du kannst dich hier ausruhen.“ Manchmal ist das größte Geschenk eine Hand, die bleibt, wenn alles andere vergeht.

Freude und Verspieltheit: Ein flüchtiges Streicheln, ein neckisches Tippen auf der Haut. Dein Körper lacht. Du spielst – nicht mit dem anderen, sondern zusammen.

Im Tantra geht es nicht darum, die „richtige“ Intention zu finden. Es geht darum, ehrlich zu sein. Deine Berührung darf das widerspiegeln, was gerade da ist. Lust, Traurigkeit, Wärme, Unsicherheit – alles darf fließen. Dein Gegenüber wird die Echtheit spüren.

Die Berührung selbst: Ein Tanz zwischen Geben und Empfangen

Stell dir vor, deine Hand nähert sich der Haut eines anderen Menschen. Langsam. Dein Atem führt die Bewegung. Vielleicht kribbelt es in deinen Fingern, vielleicht fühlst du eine warme Schwere. Noch bevor ihr euch berührt, vibriert etwas in der Luft – eine unsichtbare Verbindung.

Dann der Moment des Kontakts. Haut auf Haut. Wärme trifft Wärme. Eine sanfte Linie entlang des Arms. Ein ruhiges Auflegen auf den Rücken. Ein spielerisches Streichen über den Nacken.

Wie berührst du?

Langsamkeit öffnet Räume. Wenn du dir Zeit nimmst, kann der andere empfangen. Das Nervensystem entspannt sich. Der Körper beginnt zu lauschen.

Flüchtige Berührungen können necken, wecken, kitzeln. Sie erinnern an einen Sommerwind, der vorbeihuscht – überraschend, lebendig.

Tiefe, beständige Berührungen geben Halt. Eine Hand, die nicht sofort weicht, wird zu einem Anker. „Ich bin da,“flüstert sie. „Du kannst dich hier anlehnen.“

Im Tantra gibt es kein Richtig oder Falsch. Wichtig ist Präsenz. Sei dort, wo deine Hand ist. Atme mit ihr. Berühre nicht nur mit den Fingern – berühre mit deinem ganzen Wesen.

Der Empfänger: Was berührst du wirklich?

Du berührst – und etwas geschieht. Nicht nur an der Oberfläche. Berührung kann Schichten öffnen, von denen weder du noch der andere wussten, dass sie da sind. Vielleicht öffnet sich ein Seufzer. Vielleicht steigt ein Lachen auf. Vielleicht eine Träne.

Oder der Körper spannt sich an – ein Zögern, ein alter Schutz. Auch das ist Teil des Dialogs. Deine Berührung begegnet nicht nur Muskeln und Haut, sondern Geschichten. Freude, Sehnsucht, Verletzlichkeit. Im tantrischen Raum darf alles da sein. Manchmal berührst du eine Wunde. Manchmal eine tiefe Ruhe. Manchmal etwas, das euch beide überrascht.

Der Zauber liegt genau darin: Du weißt nicht, was geschehen wird. Du kannst nur anbieten, lauschen, da sein.

Das Dazwischen: Wo Berührung zum Gebet wird

Das Wesentliche geschieht zwischen euch. Im Raum, der sich öffnet, wenn Absichtslosigkeit auf Präsenz trifft. Berührung wird zum Gebet, wenn sie nichts will. Wenn sie keine Antwort sucht. Wenn sie einfach sein darf.

Und vielleicht, wenn du deine Hand wieder zurückziehst, bleibt etwas zurück. Ein warmer Abdruck. Ein Nachklang in der Brust. Ein Gefühl, das der andere mit nach Hause nimmt – auf der Haut, unter der Kleidung, tief im Herzen.

Und du? Auch du wirst berührt. Nicht nur über deine Finger. Über das, was sich öffnet, wenn du gibst, ohne zu fordern. Wenn du dich verschenkst – nicht als Handlung, sondern als Sein.

Fühlender Impuls

Bevor du das nächste Mal jemanden berührst, halte inne. Atme. Spüre: Was möchte ich gerade schenken? Berühre dann langsam. Offen. Ohne Ziel. Lausche. Vielleicht hörst du ein Flüstern zurück.

Das ist Tantra: Begegnung im Jetzt. Berührung als Sprache, die Herzen öffnet.


Möchtest du nach dem Lesen dieses Artikels selbst mit Berührungen loslegen? Du kannst an diese zwei Workshops teilnehmen:


Nächste Veranstaltungen

Tantra und Rock – Die totale Extase von Angus Young

Angus Young, der Gitarrist der Rockband AC/DC IST Musik. Wenn er über die Bühne rast, scheint er nicht zu denken – seine Finger fliegen über die Saiten, sein Körper tanzt im Rhythmus, sein Gesicht strahlt pure Ekstase aus. Er gibt sich ganz der Musik hin, ohne Hemmungen, ohne Angst. Und genau das ist es, was Tantra ausmacht: die totale Hingabe an den Moment, mit dem Fluss der Energie zu gehen, ohne Blockaden, ohne Zurückhaltung.

Ich sah mir eine alte Aufnahme von AC/DC an, einen Auftritt in Paris im Jahr 1979. Whole Lotta Rosie. Die Kamera folgt Angus, seinem schlanken Körper in einer Schuluniform, seine Finger rasen über die Saiten. Er bewegt sich, als ob die Musik von ihm Besitz ergreift, als ob er nichts anderes tun kann, als mit diesem Sturm aus Klang und Energie mitzugehen. Kein Kalkül, keine Strategie, nur pure Hingabe. Und in diesem Moment spürte ich: Ja, das ist Tantra. Diese Hingabe, dieses völlige Verschmelzen mit dem, was ist.

Du musst kein Fan von AC/DC sein, um das zu spüren. Angus Young lässt die Musik durch sich fließen. Er ist nicht nur ein Gitarrist – er wird zur Musik. Sein Spiel ist technisch virtuos, aber er geht über die Technik hinaus. Er ist kein Perfektionist, er ist ein Meister der Hingabe. Seine Virtuosität erlaubt es ihm, intuitiv zu spielen. Er spielt nicht mit seinem Kopf, sondern mit seinem Herzen. Er lässt los, lässt geschehen. Er denkt nicht darüber nach, wie er aussieht oder was andere von ihm denken. Er ist frei. Seine Ekstase ist vollkommen. Wie in der Nataraja-Meditation von Osho, in der der Tänzer verschwindet und nur der Tanz bleibt.

In der Mitte des Liedes hat er ein technisches Problem mit seiner Gitarre. Ohne zu zögern fragt er in den Kulissen nach einem Ersatz. Die neue Gitarre wird ihm ausgehändigt, aber der Gurt fehlt. Trotzdem spielt er weiter. Er spielt sein Solo, während ein Techniker eilig den Gurt anbringt. Keine Panik, keine Unterbrechung. Dieser Moment ist nicht perfekt, aber er bewegt sich mit ihm, er bleibt im Fluss. Genau so, wie uns das Leben manchmal überrollt, wenn Dinge passieren, die wir nicht kontrollieren können. Wir können uns nicht aussuchen, was auf uns zukommt, aber wir können wählen, wie wir damit umgehen.

Wenn du dir AC/DC anhörst, fällt dir etwas auf: Die Songs sind einfach, aber unglaublich kraftvoll. Ein solider Rhythmus, sich wiederholende Riffs, ein Aufbau, der dich mitreißt, bis zu einer unvermeidlichen Explosion der Energie. Wie bei Mantras liegt die Kraft nicht in der Komplexität, sondern im ständigen Fluss, in der Wiederholung und Vertiefung, bis es kein Denken mehr gibt, sondern nur noch Hingabe.

In Tantra sollte energie nicht unterdrückt werden, sondern sich frei durch uns bewegen. Wenn wir die Kontrolle loslassen, erleben wir pure Lebendigkeit. Genau wie Angus Young auf der Bühne: Er denkt nicht, er fühlt. Er bewegt sich nicht vom Denken her, sondern mit seinem Herzen.

Vielleicht hast du keine Gitarre in der Hand, aber dein Körper, dein Geist und deine Seele sind dein Instrument. Spiele es mit Hingabe, mit Mut und mit Ekstase.

Sei der Angus Young deines eigenen Lebens – voller Leidenschaft, voller Flow und voller tantrischer Energie.


Nächste Veranstaltungen

Die Kraft tantrischer Rituale: Bedeutung, Wirkung und Vorbereitung

Viele Menschen, die zu unseren Workshops kommen, machen ihre ersten Schritte im Tantra. Das ist mutig, denn für viele ist es eine unbekannte Welt mit vielen verschiedenen Reputationen. Wir integrieren in unseren Workshops so oft wie möglich ein tantrisches Ritual. In diesem Blogartikel erzähle ich dir mehr darüber, was ein Tantra-Ritual ist, warum es so kraftvoll sein kann und wie du dich richtig darauf vorbereiten kannst.

In unseren Workshops schaffen wir einen sicheren Raum, in dem du dich als TeilnehmerIn öffnen kannst, in dem du experimentieren und wachsen kannst. Wir glauben fest daran, dass du selbst deine beste Lehrerin oder dein bester Lehrer bist. Deshalb schaffen wir in unseren Workshops zunächst Erfahrungen. Im anschließenden Austausch drückst du in Sprache aus, was du erlebt hast, und integrierst so alles. Die Erfahrungen, die wir anbieten, sind in verschiedenen Bereichen angesiedelt. Es können körperliche Übungen, bioenergetische Übungen, Meditationen, Yoga … sein.
Auch Rituale spielen eine Schlüsselrolle bei den Erfahrungen während eines Workshops. Ein Ritual hilft dir, einen bewussten Übergang zu schaffen. Es bringt dich vom Denken zum Fühlen. Ein Ritual ist eine Einladung, tief in die Weisheit deines Körpers einzutauchen, deine Gefühle sanft zu umarmen und die Kraft deiner inneren Energie zu spüren. Du verbindest dich aber auch mit der Gruppe und dem größeren Ganzen. Bei Kama Tantra legen wir großen Wert auf diese spirituelle Seite des Tantra. In einem Ritual kannst du dich ganz mit dieser Spiritualität verbinden.
Oft sind Rituale die Momente, in denen die meiste Transformation stattfindet. Sie bringen Bewusstsein, Verbindung, Heilung und Energie. Gleichzeitig sorgt der Rahmen für maximalen Respekt und Präsenz.

Ein Ritual hat eine Reihe von festen Bestandteilen.

  • Feierlicher Eintritt in den Tempel: Das Betreten des Tempels erfolgt mit einer feierlichen Begrüßung. Oft wirst du mit Weihrauch oder Palo Santo gereinigt. Dann wirst du zu dem für dich vorgesehenen Platz begleitet.
  • Verbindung zu der Gottheit: Je nach Thema ist das Ritual mit einer bestimmten Gottheit verbunden. Bevor das Ritual beginnt, wird die Unterstützung dieser Gottheit erbeten. Wenn du mehr über die Gottheiten im Tantra wissen willst und wie wir bei Kama Tantra mit ihnen umgehen, lies unseren Blogbeitrag „Was kannst du eigentlich mit all diesen indischen Gottheiten anfangen?
  • Feuerreinigung: In einer Feuerzeremonie lässt du symbolisch alles los, was dich daran hindern könnte, dich ganz auf das Ritual einzulassen – wie Ängste, alte Glaubenssätze oder Ablenkungen.
  • Ein rituelles Getränk: Manche Rituale beinhalten auch das Trinken eines rituellen Getränks. Oft in Form eines Aphrodisiakums, das deine Sinne weckt und deine Energie aktiviert.
  • Mantrasingen: Das gemeinsame Singen eines Mantras bündelt die Energie der Gruppe und hilft dir, ganz im Moment anzukommen.
  • Hauptteil des Rituals: Während des Hauptteils des Rituals können verschiedene Praktiken stattfinden, je nach Art des Rituals. Dazu können Tanz und Meditation gehören. Oft wird bei einem solchen Ritual auch das Thema des Rituals körperlich integriert. Das geschieht durch rituelle Berührungen. Manchmal allein, manchmal zu zweit, zu dritt oder zu mehreren. 
  • Das Maithuna-Ritual: In diesem heiligsten Ritual im Tantra, vereinen sich Mann und Frau auch sexuell. Nicht von sich aus, sondern aus ihrer göttlichen Identität heraus, als Shiva und Shakti. Dieses Ritual wird nur von Menschen mit langer Erfahrung im Tantra durchgeführt und erfordert eine lange körperliche und geistige Vorbereitung mit Yogaübungen und täglicher Meditation. Dieses Ritual wird in unseren jetzigen Workshops nicht angeboten.

Wichtige Tipps zur Vorbereitung auf tantrische Rituale

Um ein Tantra-Ritual in vollem Umfang zu erleben und das Beste daraus zu machen, gibt es eine Reihe von Dingen, die du als TeilnehmerIn wissen solltest. Dabei geht es nicht nur um praktische Dinge wie Kleidung, sondern auch um deine innere Haltung und Einstellung. Hier sind einige Tipps, die dir bei der Vorbereitung helfen:

Komm mit einer offenen Einstellung

Ein tantrisches Ritual kann dich aus deiner Komfortzone herausführen und dich auf unerwartete Weise berühren. Es ist wichtig, offen für das zu sein, was während des Rituals auf dich zukommt, ohne dich oder die Erfahrung zu bewerten. Lass deine Erwartungen los und lass das Ritual sich natürlich entfalten. Ein tantrisches Ritual dient nicht der Heilung traumatischer Erlebnisse. Es eröffnet vielmehr einen Raum für spirituelles Wachstum und innere Entdeckung. Auch wenn alte Wunden an die Oberfläche kommen würden, bleibst du im Ritual. Der Ablauf eines Rituals und auch das Verhalten der TeilnehmerInnen ist sehr festgelegt, ähnlich wie bei den Ritualen in einem christlichen Gottesdienst.

Komme in der vorgeschriebenen Kleidung und stelle sicher, dass du alle geforderten Accessoires dabei hast

Die feste rituelle Kleidung beim Kama Tantra ist der Lungi. Das ist ein Ritualtuch, das um die Hüften gewickelt und von Frauen manchmal um den Hals gebunden wird, so dass es wie ein Kleid getragen werden kann. Normalerweise wird unter dem Lungi keine Unterwäsche getragen. Im Zweifelsfall solltest du die Seminarleitung informieren. 
Tantrische Rituale vereinen Feierlichkeit und Lebendigkeit – sie ehren das Göttliche und laden dich gleichzeitig ein, mit Freude und Leichtigkeit im Moment zu sein. Komm also in deiner besten Qualität. In der Regel wirst du ermutigt, dich mit Make-up oder Schmuck schön zu machen. Auf Parfüm oder Deodorant solltest du verzichten. Denn wenn du das Ritual ernst nimmst, wirst du kurz vorher geduscht haben.
Oft gibt es eine Mitbringliste für das Ritual. Dazu gehören vielleicht Kerzen, eine Augenmaske oder Öl. Sorge dafür, dass du alles dabei hast. Damit zeigst du Respekt vor dem Ritual und auch vor dir selbst. Wenn du dir noch Dinge von anderen TeilnehmerInnen leihen musst, unterbricht das die Energie des Rituals.

Was ist mit Nacktheit?

Bei manchen Ritualen wirst du eventuell darum gebeten, den Lungi auszuziehen. Wenn du dich dagegen sträubst, besprich auch das mit dem Seminarleiter. Im Tantra wird dem Körper großer Respekt entgegengebracht, auch in seiner Nacktheit. Für Anfänger ist Nacktheit nicht immer natürlich und manchmal mit Scham behaftet. Nach und nach wirst du jedoch lernen, deinen Körper als göttlichen Tempel deiner Seele zu akzeptieren und sogar zu verehren. Dich nackt zeigen zu können, ohne dich schlecht zu fühlen, gibt dir ein wohltuendes Gefühl von Freiheit und Stärke. Bei Kama Tantra werden wir jedoch niemanden gegen seinen Willen zum Nacktsein zwingen.

Respektiere deine eigenen Grenzen und die der anderen

Ein tantrisches Ritual kann intensiv und intim sein, gleichzeitig stehen deine Grenzen immer an erster Stelle. Es ist wichtig, ein gutes Gespür dafür zu haben, was für dich angenehm ist und dies auf respektvolle Weise zu kommunizieren. Respektiere auch die Grenzen der anderen und sei dir des heiligen Raums bewusst, der während des Rituals geschaffen wird.

Bereite dich darauf vor, ganz präsent zu sein

Lass deine Alltagssorgen hinter dir und erlaube dir, ganz präsent in dem Moment zu sein. Das bedeutet, dass du unter keinen Umständen ein Telefon oder eine Uhr mit in den Tempel nimmst, deine Aufmerksamkeit nach innen richtest und dir Raum gibst, um wirklich zu spüren, was passiert. Es ist äußerst hilfreich, während du mit den anderen darauf wartest, eingelassen zu werden, gemeinsam ein Mantra zu singen.


Mit dieser Vorbereitung legst du den Grundstein für eine tiefe und transformative Erfahrung. Ein Tantra-Ritual ist eine Gelegenheit, etwas Neues über dich, deine Energie und deine Verbindung zum Leben zu entdecken. Je mehr du dich öffnest und dem Prozess Raum gibst, desto mehr Magie wirst du erleben. Außerdem erfordert die Organisation eines Rituals eine lange und intensive Vorbereitung seitens der Seminarleitung. Indem du dich selbst einbringst, trägst du dazu bei, für alle ein unvergessliches spirituelles Erlebnis zu schaffen.


Hast du Lust, selbst an einem Tantra-Ritual teilzunehmen? Dann schau in unserem Seminarkalender nach. Mehrere unserer Workshops beinhalten ein Ritual. Wenn du Fragen zur Teilnahme an einem Ritual hast, kontaktiere uns bitte. Wir werden sie gerne mit dir besprechen.


Nächste Veranstaltungen

Was ist es, das du wirklich begehrst?

Hast du dich jemals gefragt, was du wirklich begehrst? Nicht das, was du denkst, was du dir ersehnen solltest, sondern das, was dein Herz und deine Seele tief berührt? Die Inspiration für diese Frage „Was ist es, das du wirklich begehrst?“ kam mir, als ich die beliebte Netflix-Serie Lucifer sah. Dort nutzt der Protagonist diese Frage, um die tiefsten Sehnsüchte seiner Gegenüber zu enthüllen. Ob du die Serie kennst oder nicht, die Essenz dieser Frage bleibt dieselbe: Sie führt uns zu unserem inneren Selbst und lädt uns ein, uns selbst hemmungslos zu erforschen. Im Tantra gehen wir sogar noch weiter: Begehren und Lust verraten dir nicht nur viel über dich selbst, sie zeigen dir auch den Weg zu einer freien und lebendigen Existenz.

Die Wurzeln der Lust im Tantra

In den alten tantrischen Lehren ist das Begehren als Energie sehr präsent. Es wird – ob körperlich oder spirituell – als eine treibende Kraft des Lebens gesehen. Diese Energie bewegt uns, formt uns und erlaubt uns, uns zu verändern und zu wachsen. Sie wird oft als Shakti beschrieben, die weibliche Urkraft des Universums. Shakti ist wie ein Fluss – manchmal ruhig, manchmal wild, aber immer lebendig und in Bewegung.

Ein weiteres kraftvolles Symbol ist die Göttin Kali. In ihrer unbezwingbaren und kraftvollen Gestalt durchdringt sie die Dunkelheit des Unbewussten und hilft uns, unser verborgenes Potenzial zu entdecken. In ähnlicher Weise kann unser Verlangen uns zu den Teilen von uns selbst führen, die wir noch nicht erforscht oder lange verdrängt haben, weil wir sie als unerwünscht ansahen – zumindest, wenn wir bereit sind, uns darauf einzulassen.

Mit Sehnsüchten auf dem Weg zu deinem wahren Selbst

Die Frage „Was ist es, das du wirklich begehrst?“ erfordert Mut und Ehrlichkeit. Sie lädt dich ein, dich dem zu öffnen, was in dir schlummert – auch wenn es zunächst dunkel oder überwältigend erscheint. Unsere tiefsten Sehnsüchte sind nicht immer bequem oder leicht zu akzeptieren, aber genau darin liegt ihre Kraft.

Vielleicht hast du dich schon einmal gefragt, warum bestimmte Wünsche oder Sehnsüchte immer wieder in dir auftauchen. In unserer Kultur werden sie oft als unerwünscht oder als Schwächen angesehen. Doch wenn wir diese Sehnsüchte anerkennen, brechen wir Tabus und Barrieren auf, die uns aufgezwungen wurden und uns von unserem wahren Selbst trennen. Dieser Ansatz steht im Gegensatz zu spirituellen Wegen, die oft Enthaltsamkeit und Verzicht auf Begierden vorschreiben. Tantra hingegen sieht die Erfüllung unserer inneren Sehnsüchte als einen Weg zur Freiheit.

Sexuelles Begehren – ein spiritueller Weg

Auch im Alltag zeigt unser Verlangen, wo wir unsere Grenzen spüren. Vielleicht ist es die Sehnsucht nach mehr Nähe in einer Beziehung, nach kreativer Freiheit in deiner Arbeit oder nach einem tieferen Sinn im Leben. Wer mit Tantra unterwegs ist, lernt, diese Sehnsüchte nicht als Hindernisse, sondern als Wegweiser zu sehen. Lust und Verlangen führen uns an die Grenzen unseres Egos und das Ego wirft Hindernisse auf.

Unser Wunsch nach tiefer Verbindung kollidiert oft mit unserer Angst, zurückgewiesen zu werden oder die Kontrolle über unser Leben zu verlieren. Körperliche Lust wird häufig durch Scham über unsere Unvollkommenheiten oder durch die konservativen Werte unserer Erziehung eingeschränkt. Doch wenn du, wie im Tantra vorgeschlagen, diese Begrenzungen des Egos ablegen kannst, erreichst du, was in den alten Schriften als Maha Sukha beschrieben wird – das große, unvergängliche Glück, das uns befreit.

Besonders sexuelle Begierden sind ein starker Ausdruck der Lebensenergie. Genau das verleiht der Sexualität im Tantra ihre spirituelle Dimension. Sexuelles Verlangen und sexuelle Energie können Werkzeuge sein, um spirituell zu wachsen und das Leben in seiner ganzen Tiefe und Pracht zu erfahren.

Sehnsucht als Wegweiser für deinen Alltag

Vielleicht inspiriert dich die Frage „Was ist es, das du wirklich begehrst?“ dazu, einen Moment innezuhalten und ehrlich auf dein Inneres zu hören. Um tiefer zu gehen, kannst du dir in Momenten der Ruhe oder Meditation die folgenden Fragen stellen:

  • Was erfüllt mich wirklich?
  • Welche Aktivitäten, Erfahrungen oder Menschen nähren meine Seele auf tiefster Ebene?
  • Was hält mich zurück? Gibt es Glaubenssätze, Scham oder Unsicherheiten, die mich daran hindern, meinen Wünschen zu folgen?
  • Wie kann ich meine Sehnsüchte integrieren? Welche Schritte kann ich unternehmen, um ein Gleichgewicht zwischen meinen Wünschen und meinem Alltag zu finden?

Indem du dir deiner Sehnsüchte bewusst wirst und sie annimmst, kannst du allmählich eine tiefere Verbindung zu deinem inneren Selbst aufbauen. So wird das Leben zu einer Reise der spirituellen Entwicklung und Freiheit – geleitet von den Wegweisern und der Kraft unserer Sehnsüchte.

Spoiler-Alarm: Es ist nicht auszuschließen, dass sich in diesem Prozess auch deine Sexualität deutlich verbessert. 😉


Nächste Veranstaltungen

Tantrische Liebe zur Weihnachtszeit: Für jene, die im Schatten leben

Es ist Winter, die Nächte sind kalt. Während die meisten von uns die Vorweihnachtszeit gemütlich im warmen Zuhause genießen, kämpfen andere täglich ums Überleben. Inmitten des Lichterglanzes der Weihnachtsbeleuchtung sehe ich sie draußen in der Kälte sitzen – obdachlos, allein, übersehen. Besonders in dieser Zeit des Jahres, wenn ich an die Geschichte von Maria und Josef denke, die keinen Platz in der Herberge fanden, frage ich mich, was mich die tantrische Weisheit lehren kann. Was sagt uns die tantrische Perspektive über Empathie und Verbundenheit, selbst mit denen, die in der Kälte leben?

Die Göttlichkeit in jedem Menschen anerkennen

Im Tantra wird das Leben als ein riesiges, heiliges Netz gesehen, in dem alles miteinander verbunden ist. Jeder Mensch, unabhängig von Besitz oder sozialem Status, trägt die Essenz des Göttlichen in sich. Nach der Non-Dualität des Advaita Vedanta sind wir alle eins. Wir sind alle Teil von etwas Größerem. Es ist unser Ego, das für die Trennung zwischen uns und den anderen sorgt. In Wirklichkeit sind die anderen eine andere Manifestation derselben Einheit. Der obdachlose Mensch ist wie du und ich, er ist eins mit uns.

Wenn wir unsere Göttlichkeit und die unseres Gegenübers vergessen, manifestiert sich unser Ego. Unsere Abneigung gegen den leidenden Menschen auf der Straße ist ein Teil davon. Genau darin, dass wir lernen, das zu akzeptieren, was wir als hässlich oder schmerzhaft empfinden: Zerstörung, Leiden und Vergänglichkeit, liegt die Kraft für die stärkste Transformation. Genau dadurch können wir uns von der Trennung befreien und uns wieder mit etwas Größerem verbunden fühlen.

Obdachlosigkeit erinnert mich auch daran, dass alles vergänglich ist – Besitz, Status, sogar das Bild, das ich von mir selbst habe. Die Menschen am Rande der Gesellschaft zwingen mich, den Schleier der Illusion zu lüften und zu erkennen: Unsere wahre Natur liegt nicht in den materiellen Dingen, sondern jenseits von ihnen.

Das Geheimnis des Lebens in den Schatten sehen

Meine erste Reaktion auf Obdachlosigkeit ist oft Angst oder Unsicherheit. Stattdessen möchte ich mich selbst dazu einladen, Mitgefühl, Respekt und Demut zu zeigen. In der tantrischen Lehre ist es wichtig, die Ganzheit des Lebens anzunehmen – sowohl das Schöne als auch das Unangenehme. Die dunkle Seite macht das Licht sichtbar, und ohne die Schattenseiten sind wir unvollständig.

Kleine Gesten mit großer Wirkung

Es gibt viele Dinge, die du für obdachlose Menschen tun kannst. Wenn sie betteln, kannst du ihnen Geld geben, oder du kannst dich bei einer der vielen Organisationen ehrenamtlich engagieren. Du kannst Lebensmittel an eine der Lebensmittelbanken spenden.

Genauso wichtig ist es für mich, sie als menschliche Wesen in ihrer Würde zu sehen. Ich nehme mir vor, sie mit einem Lächeln und einem „Guten Morgen“ anzuschauen. Und ich nehme mir vor, immer Geld in der Tasche zu haben, um etwas zu geben. Das ist keine große Sache, aber ich sehe es als eine Anerkennung: „Ich habe dich gesehen und erkenne dich, dein Bedürfnis, deine Not“. Vielleicht schaffe ich es eines Tages, mich auf ein Gespräch einzulassen.

Eine Einladung, Dinge anders zu machen

Ich sehe es als eine spirituelle Übung. Ich will sie als Ausdruck des Göttlichen erkennen, genau wie mich selbst. Ich will niemanden retten, aber ich möchte der Würde dieser Menschen in die Augen sehen und nicht wegschauen. Ich hoffe, dass andere, vielleicht auch du, das Gleiche tun werden, und sei es nur mit einem Augenkontakt, einem Gruß, einem Lächeln, einem guten Morgen. Oder mit einer kleinen Spende. Ich gehe davon aus, dass niemand um Geld bettelt, wenn er oder sie es nicht wirklich braucht.

Obdachlosigkeit ist eine Herausforderung für unsere Gesellschaft. Zugleich ist sie eine Einladung, unser Mitgefühl zu vertiefen und unsere Vorurteile zu überwinden. Die Schatten des Lebens können der Schlüssel zu unserer eigenen Veränderung sein. Denn oft finden wir die größten Chancen für unsere eigene spirituelle Reise dort, wo das Leben am schwersten ist.


Nächste Veranstaltungen

Das Risiko des eigenen Lebens

Eine der größeren Entscheidungen in meinem Leben war es, Tantra zu einem zentralen Bestandteil meines Lebens zu machen. Außerdem wollte ich meine tantrische Spiritualität und Lebensweise in die Welt hinaustragen, um wiederum anderen damit zu helfen. Bevor ich mich jedoch entschloss, gemeinsam mit meiner guten Freundin Kathrin Kama Tantra zu gründen, stieß ich auf eine Menge innerer Widerstände und Ängste. Wie werden andere darauf reagieren? Was werden meine Kinder davon halten, meine Freunde? 

Tantra ist ein Stück weit mehr als ein neues Hobby oder ein Berufswechsel. Ich hatte keine Ahnung, wie es sein würde. Meine Kinder haben es toll gefunden, sind sehr interessiert und unterstützen mich sehr. Das Gleiche gilt für die Freunde im Allgemeinen. Ein paar sind verschwunden, aber das hat vor allem damit zu tun, dass sich mein Wertesystem geändert hat und mein Wunsch nach Authentizität zwingender geworden ist. Es war die richtige Entscheidung, das Risiko einzugehen, mein eigenes Leben zu leben und voll und ganz zu meiner Wahrheit zu stehen.

Die Angst, dein wahres Ich zu zeigen

Authentisch sein – das klingt so einfach, oder? Einfach du selbst zu sein. Aber es ist oft eines der schwierigsten Dinge, die man tun kann. Warum? Weil du selbst zu sein auch bedeutet, deine Schwächen zu zeigen. Du entblößt deine Seele und riskierst dabei Ablehnung. Was, wenn die Leute dich nicht mehr mögen, wenn du wirklich sagst, was du denkst, wenn du wirklich zeigst, wer du bist?
Ich verstehe diese Angst. Aber weißt du, was ich noch viel beängstigender finde? Die Vorstellung, dass du eines Tages auf dein Leben zurückblickst und feststellst, dass du dich nie getraut hast, ganz du selbst zu sein. Dass du immer nur eine modifizierte Version deiner selbst warst, um andere glücklich zu machen.

“Das Leben schrumpft oder dehnt sich aus, im Verhältnis zu dem eigenen Mut.” – Anaïs Nin

Ein verrückter, wilder und mutiger Weg

Authentizität bedeutet nicht nur, anderen gegenüber ehrlich zu sein. Es geht vor allem darum, ehrlich zu dir selbst zu sein. Und das ist kein gerader, gepflasterter Weg. Vielmehr ist es ein kurvenreicher Weg, voller Unebenheiten, Fallstricke und manchmal sogar Abgründe. Manchmal bedeutet es, sich von Menschen oder Situationen zu verabschieden, die nicht mehr zu dir passen. Manchmal bedeutet es, dir selbst in all deiner rohen, ungeschliffenen Form zu begegnen. Es bedeutet, sowohl dein Licht als auch deine Dunkelheit zu umarmen.
In der tantrischen Philosophie symbolisiert die Göttin Kali diesen wilden, unbezähmbaren Teil von uns. Sie erinnert uns daran, dass wir manchmal durch die Dunkelheit gehen müssen, um das Licht zu finden. Ja, das kann anstrengend sein. Aber genau dort, in diesem wilden und dunklen Unbekannten, gibt es auch eine enorme Freiheit. Eine Freiheit, die du nie finden wirst, wenn du immer nur sicher und angepasst lebst.

Gemeinsam authentisch sein

Authentizität fühlt sich manchmal einsam an. Als ob du der Einzige bist, der mit diesen Fragen kämpft. Aber wir brauchen uns gegenseitig. Eine Gemeinschaft, die dich so sieht und akzeptiert, wie du bist, kann dir in Zeiten, in denen du es selbst nicht sehen kannst, Mut machen. Genau aus diesem Grund ist die Teilnahme an Tantra-Gruppen so hilfreich. Für eine Weile findest du einen sicheren Ort, an dem du du selbst sein kannst, ohne dass andere über dich urteilen. Ein Ort, an dem du auftanken kannst, an dem du dich daran erinnerst, wozu das alles da ist und wie gut es dir tun kann. Finde also in Tantra-Gruppen oder anderswo Menschen, die dich unterstützen, die dich ermutigen, deine eigene Wahrheit zu leben. Diese Menschen gibt es wirklich – und sie warten vielleicht nur darauf, dass du selbst ihre Masken abnimmst.
Gleichzeitig ist es wichtig, andere nicht in deine Bedürfnisse und Sehnsüchte hineinzuziehen. Dein Weg ist einzigartig, genau wie der der anderen. Jeder ist der Held seines eigenen Lebens, und das solltest du anerkennen. Ich versuche, andere in ihren Entscheidungen zu respektieren und ihnen den Freiraum zu lassen, ihre eigenen Risiken einzugehen, so wie ich es auch für mich selbst tue. Manchmal bedeutet liebevolle Verbundenheit einfach zu akzeptieren, dass jemand einen anderen Weg wählt – und das ist okay.

Die goldene Mitte: Balance zwischen sich selbst und Anpassung

Heißt das, dass du immer kompromisslos sein sollst? Nein, natürlich nicht. Manchmal verlangt das Leben von dir, dich anzupassen. Aber der Unterschied ist: Du tust es bewusst, ohne dich selbst zu verlieren. Du bleibst deinem Kern treu und bist gleichzeitig flexibel, wenn es nötig ist. Sieh es als ein subtiles Spiel zwischen Geben und Nehmen, zwischen Selbstdarstellung und Rücksichtnahme auf andere. Aber das darf nie auf Kosten deines wahren Selbst gehen.

Authentizität als spiritueller Weg

Für mich ist ein authentisches Leben nicht nur eine persönliche Entscheidung, sondern auch ein spiritueller Weg. Indem ich ich selbst bin, mit all meinen Facetten – Licht und Schatten, Freude und Schmerz – komme ich einem tieferen Gefühl der Wahrheit näher, dem Gefühl, dass alles richtig ist und einer Realität, die ich akzeptieren kann und in der ich mich selbst akzeptieren kann. Und das ist ein wunderbares Gefühl. Es fühlt sich wie eine Befreiung an, eine Rückkehr zu dem, was ich wirklich bin, jenseits aller Rollen und Erwartungen, die zur Gesellschaft gehören, aber nicht zu meinem Wesen.

Traust du dich, das Risiko einzugehen

Ja, es gibt Risiken. Aber das Leben selbst ist ein Risiko. Warum also nicht das Risiko eingehen, wirklich zu leben, dein wahres Ich zu sein? Dein Licht leuchten zu lassen, deine Wahrheit zu sagen und deinen eigenen Weg zu gehen? Was für ein Geschenk du für andere sein kannst, wenn du wirklich du selbst bist.
Und denk daran: Während du deinen eigenen Weg gehst, lass andere das Gleiche tun. Erkenne an, dass sie auf ihrer eigenen Heldenreise sind, mit ihren eigenen Wünschen, Ängsten und Herausforderungen. Lass sie frei sein, so wie du frei sein willst.

Werde der Held deines eigenen Lebens. Nimm deine Maske ab, tanze deinen eigenen Tanz und vertraue deinem inneren Licht, dass es dir den Weg zeigt.

Traust du dich, das Risiko deines eigenen Lebens einzugehen?

Bild © Giulio_Fornasar stock.adobe.com

Nächste Veranstaltungen

Angst getarnt als Praktikabilität

Stell dir vor, du stehst an einer Weggabelung. Links liegt ein vertrauter, sicherer Pfad, gesäumt von Anerkennung, Gewissheit und Vorhersehbarkeit. Rechts ein unbekannter, wilder Weg, der Abenteuer und Risiko verspricht. Welchen wählst du? Zu oft wählen wir den sicheren Weg, ohne zu erkennen, dass diese Sicherheit oft nur eine Maske ist – eine Maske der Angst. Für ein wirklich freies Leben lädt Tantra uns ein, hinter diese Maske zu blicken, die Angst zu umarmen und den Mut zu finden, Entscheidungen im Einklang mit unserem wahren Selbst zu treffen.

Die trügerische Verlockung des praktischen Denkens

Praktisches Denken scheint auf den ersten Blick logisch. Es ist der sichere Job, die konventionelle Beziehung oder das Haus, das andere bewundern. Doch sind solche Entscheidungen wirklich weise – oder verbergen sie lediglich die Angst vor dem Unbekannten? Angst davor, die gewohnten Pfade zu verlassen und die ungebändigte Energie des Lebens zuzulassen.

In der tantrischen Tradition wird Angst nicht als Feind betrachtet, sondern als ein Tor zur Transformation. Angst zeigt uns, wo wir festhalten, wo wir uns verschließen. Doch sie ist auch der Schlüssel, um die Schleier der Illusion zu durchbrechen. Tantra lehrt uns, dass Entscheidungen, die aus Angst getroffen werden, unsere Lebensenergie blockieren. Sie lassen uns in einer Komfortzone verharren, die uns zwar sicher erscheint, aber den lebendigen Fluss des Lebens dämpft.

Der Mut, die Maske abzulegen

Angst markiert oft die Grenzen unserer Komfortzone. Tantra jedoch fordert uns auf, diese Grenzen nicht als Hindernis, sondern als Einladung zu sehen. Es ist die Einladung, den sicheren Hafen zu verlassen und in den Ozean des Lebens einzutauchen. Der Pfad des Tantra ist kein einfacher. Er verlangt, dass wir uns dem stellen, was wir fürchten – dass wir bewusst ins Unbekannte schreiten, um unser wahres Selbst zu entdecken.

Eine tantrische Übung:
Setze dich an einen ruhigen Ort, schließe die Augen und frage dich:

  • „Welche Entscheidungen in meinem Leben sind von Angst geprägt?“
  • „Welche Wünsche oder Sehnsüchte habe ich unterdrückt?“
  • „Was würde ich wählen, wenn es keine Begrenzungen gäbe?“

Spüre in deinen Körper hinein. Wo zeigt sich die Angst? Vielleicht in der Enge der Brust oder in der Schwere des Bauchs. Tantra lädt dich ein, diese Empfindungen zu ehren, sie zu atmen, sie zu fühlen – und sie letztendlich zu transformieren.

Die tantrische Kunst des Loslassens

Ein Leben in Freiheit erfordert Loslassen – Loslassen der Illusionen von Sicherheit, Kontrolle und Vorhersehbarkeit. Tantra erinnert uns daran, dass das Leben selbst eine fließende Energie ist, die sich nur in der Hingabe offenbart. So wie der Tanz von Shiva und Shakti den Rhythmus des Universums verkörpert, bist auch du eingeladen, mit dem Leben zu tanzen, statt gegen seinen natürlichen Fluss zu kämpfen.

In Beziehungen zeigt sich diese Dynamik besonders deutlich. Wenn wir versuchen, Liebe zu sichern oder zu kontrollieren, wird sie starr und verliert ihre Magie. Tantra lehrt, dass wahre Liebe sich im Vertrauen entfaltet – im Mut, Risiken einzugehen und das Gegenüber in seiner Freiheit zu ehren.

Praktische Beispiele für Transformation

Ich war einmal Beamte auf Lebenszeit, ein absolut sicherer Job. Und solange es Kinder zu studieren und eine Hypothek abzuzahlen gab, gab mir diese Sicherheit die Freiheit, mir darüber keine Gedanken machen zu müssen. Und ich ging Kompromisse ein. Ich akzeptierte eine kleine Unzufriedenheit nach der anderen, und meine Freiheit wurde immer kleiner. Bis ich eines Tages die Sicherheit losließ und in der Lage war, wieder Ja zu meinen eigenen Entscheidungen zu sagen und die neue Welle der Energie in mir zu genießen.

Etwas Ähnliches passiert mit Beziehungen. Wir verlieben uns und sind völlig auf den Kopf gestellt. Die Intensität ist fesselnd und wir wollen dieses Gefühl schützen, es sichern, damit es nie verloren geht. Und genau die Sicherheit, die wir um es herum aufbauen, löscht das schöne Gefühl aus. Die Liebe will nicht risikofrei sein.

Die Freiheit der Authentizität

Im Tantra ist Authentizität kein bloßes Konzept, sondern eine gelebte Realität. Es geht darum, Entscheidungen nicht aus Angst oder gesellschaftlichem Druck zu treffen, sondern aus der Verbindung mit deinem innersten Kern. Authentizität bedeutet, Ja zu sagen zu deinem wahren Selbst – zu deinem Verlangen, deiner Freude und deinem tiefsten Potenzial.

Eine Einladung zum mutigen Leben

Das Leben selbst ist ein tantrischer Tanz – voller Gegensätze, Herausforderungen und unendlicher Möglichkeiten. Es lädt dich ein, mutig zu sein, die Maske der Angst abzunehmen und die Energie des Lebens vollständig zu umarmen.

Probiere es aus

Nimm dir heute Zeit und schreibe drei Entscheidungen auf, die du aus praktischen Gründen getroffen hast. Stelle dir dann die Frage: „Was würde ich tun, wenn Angst keine Rolle spielte?“ Atme tief ein und erlaube dir, eine mutige Alternative zu visualisieren.

Ich habe im Laufe der Jahre festgestellt, dass der tantrische Weg kein Ziel ist, sondern ein Prozess. Jeder Schritt, den du bewusst und mutig machst, bringt dich einem Leben näher, das wirklich dir gehört.


Nächste Seminare

Von Geilheit zur Ganzheit: Die heilsame Kraft der Erektion im Tantra

In tantrischen Workshops stoße ich manchmal auf eine unsichere Sicht auf die männliche Erektion. Sie wird manchmal als unangemessen und sogar bedrohlich empfunden und nur als Ausdruck männlicher Geilheit gesehen. Sowohl Frauen als auch Männer wissen oft nicht, wie sie damit umgehen sollen. Dieses Bild kann für Männer einschränkend und verletzend sein. Gleichzeitig ist die tantrische Sichtweise von Erektionen und männlicher sexueller Energie sehr schön. Das Tantra sieht den Menschen als eine untrennbare Einheit von Körper, Geist und Herz. Diese ganzheitliche Sichtweise schließt die Sexualität als integralen Bestandteil des Lebens ein und geht weit darüber hinaus. Das eröffnet neue Perspektiven auf die Erektion als Symbol der vitalen Lebensenergie. 

Missverständnisse über die Erektion und die Perspektive der Frau

In tantrischen Gruppen ist mir oft aufgefallen, dass der Erektion eines Mannes mit wenig Wohlwollen begegnet wird. Manchmal wird sie als bedrohlich angesehen, manchmal belächelt und manchmal einfach als Zeichen geiler Lust betrachtet. Für die Männer selbst ist eine Erektion oft nur ein Maß für die sexuelle Leistungsfähigkeit und lässt alles andere außer Acht. Das ist bedauerlich, denn für einen Mann ist sie so viel mehr. 

In unserer Kultur wird eine Erektion oft als ein rein körperliches Phänomen angesehen, das durch sexuelle Reize ausgelöst wird. Eine Erektion zeigt jedoch, dass der Körper lebendig und bereit ist, Lust in ihrer reinsten Form zu erleben – sei sie nun sexuell oder rein sinnlich. Sie ist ein Ausdruck innerer Vitalität und tiefen Wohlbefindens, das im Einklang mit der eigenen Körperlichkeit entsteht.

Oft hat ein Mann keine besondere Botschaft über seine Erektion. Tatsächlich hat er in der Regel wenig oder gar keine Kontrolle über sie. Er kann sie in den meisten Fällen weder verursachen noch verhindern. Sie führt sozusagen ein kleines Eigenleben. Eine Erektion ist oft einfach da. Sie verlangt – außer beim Liebesspiel – nicht unbedingt Aufmerksamkeit oder eine Reaktion.

Meiner Erfahrung nach sind Erektionen für Frauen manchmal schwer zu verstehen oder werden als übertriebenes Zeichen männlicher Geilheit angesehen. Das liegt oft an der gesellschaftlichen Einstellung und dem Mangel an Informationen, die Erektionen auf sexuelle Lust reduzieren. Da viele Frauen mit sexuell übergriffigem Verhalten konfrontiert sind, können Erektionen auch als bedrohlich empfunden werden. 

Für Männer ist es verletzend, wenn ihre Sexualität nur als roher Ausdruck von Lust gesehen wird. Diese Sichtweise trennt Körper und Herz und blendet die tiefere Bedeutung der Erektion aus.

„Für Männer bedeutet eine Erektion mehr als ein körperliches Bedürfnis – sie ist ein lebendiger Ausdruck von Freude, Sinnlichkeit und einer tiefen Verbindung zum Leben.“

Tantra und die spirituelle Bedeutung der Erektion

Das Titelbild zeigt den heiligen Shiva-Lingam in einem tantrischen Tempel – ein Symbol für die Vereinigung von Shiva und Shakti, der kosmischen Energie der Schöpfung und die Verehrung des Lingams und der Erektion als Ausdruck der schöpferischen Kraft.

Nach der tantrischen Spiritualität ist die sexuelle Energie eine der reinsten Formen der Lebensenergie. Man kann sie in allen Bereichen des Lebens erfahren. Die Erektion als Ausdruck dieser Energie spiegelt nicht nur sexuelles Verlangen wider, sondern auch eine allgemeine Lebenslust und das Bedürfnis nach Verbindung und Nähe. Sie zeigt, dass ein Mann im Einklang mit seiner inneren Lebenskraft, seiner Energie und seiner Freude ist.

Deshalb sind Momente der Impotenz für Männer so tiefgreifend. Das Fehlen einer Erektion kann zu einem Verlust an Lebensenergie, Kraft und Lust führen. Die Folgen sind viel schwerwiegender als die Unfähigkeit, sexuell einzudringen.

Die Heiligkeit der Erektion im Tantra: Auf diesem Bild opfert ein Priester dem Shiva-Lingam Milch anlässlich des ersten Betretens des neuen Zuhauses durch eine Person.

Auf diesem Bild opfert ein Priester dem Shiva-Lingam Milch anlässlich des ersten Betretens des neuen Zuhauses durch eine Person.

Die Erektion im tantrischen Verständnis von Ganzheit und Heilung

Ich habe gelernt, dass die tantrische Sicht des Lebens den Menschen ganzheitlich betrachtet. Alle Energien im Körper müssen ausgeglichen sein, um sich wirklich gut und lebendig zu fühlen. Die Erektion ist nicht nur ein körperliches Phänomen, sondern ein energetischer Ausdruck, der sich in allen Lebensbereichen auswirken kann – in der Liebe, der Kreativität oder bei alltäglichen Erfahrungen. Diese Vision zeigt die Einheit von Körper, Geist und Herz und ermutigt uns Männer, diese Kraft nicht zu unterdrücken, sondern sie bewusst zu nutzen und zu ehren. 

Auf diese Weise können Männer das volle Potenzial ihrer Energie erkennen und sie in ihr Leben integrieren, was zu einer heilenden und nährenden Verbindung führt. Um diesen Raum zu öffnen, müssen sowohl Männer als auch Frauen in der Lage sind, auf diese entspannte, aber verehrende Weise mit Erektionen umzugehen.

„Die bewusste Anerkennung und Wertschätzung der Erektion ist ein Weg zur Selbstakzeptanz. Sie ermöglicht es Männern, ihre eigene Lebensfreude als Teil ihres Wesens zu erkennen und anzunehmen.“

Die Erektion, eine Brücke zwischen Körper und Herz

Ich finde es hoffnungsvoll, dass die tantrische Sichtweise der männlichen Erektion viel mehr ist als nur ein biologisches Phänomen. Sie ist ein kraftvoller Ausdruck von Lebensfreude, Vitalität und innerer Energie, der den Mann mit sich selbst und der Welt verbindet. Eine restriktive und hemmende Haltung gegenüber der Erektion eines Mannes bremst und schränkt seine Lebensenergie und Freude ein. Indem ich mich mehr von kulturellen Vorurteilen befreite und langsam die tieferen Dimensionen der Erektion verstand, konnte ich eine wertschätzende und liebevolle Perspektive auf meine männliche Sexualität entwickeln. So kann die Erektion für uns Männer eine Brücke zwischen Körper und Herz sein – eine lebendige Einheit aus Leben, Sexualität und spiritueller Kraft.

Lass uns das feiern.